Schmerzambulanz nimmt keine Patienten mehr auf

NOZ vom 01. August 2005

Marienhospital wird die Betreuung schrittweise reduzieren

Osnabrück (fhv) Die Schmerz-Ambulanz am Marienhospital muss ihre Arbeit stark einschränken und nimmt keine neuen Patienten mehr an. Der Krankenhausträger wolle die anstehenden Verluste nicht länger tragen, so der Ärztliche Direktor Dr. Rüdiger Cording. Die Kassenärztliche Vereinigung habe eine veränderte Abrechnungsweise der Behandlung ambulanter Patienten abgelehnt.

Die Betreuung von Schmerzpatienten sei extrem aufwändig, erklärte Cording. Einerseits sei hier eine viel Zeit erfordernde „sprechende Medizin“ gefordert. Andererseits sei eine differenzierte Diagnostik  und  medikamentenintensive   Behandlung notwendig. Beides habe dazu geführt, dass in letzter Zeit betriebswirtschaftliche Verluste zwischen 100000 und 150 000 Büro im Jahr aufgelaufen seien.

„Wir werden das Angebot der Ambulanz reduzieren müssen“, so bestätigte Cording: Beschlossen worden sei, dass die in seiner Behandlung befindlichen 30 bis 40 Patienten noch „auslaufend betreut“ würden. Neue Fälle könne er jedoch nicht mehr annehmen.

Dr. Rüdiger Cording ist nicht allein Ärztlicher Direktor des Marienhospitals, sondern primär Chefarzt der Klinik für Anästhesie und operative Intensivmedizin. Daneben hat er eine persönliche Ermächtigung der Kassen-ärztlichen Vereinigung zur Führung einer Schmerzambulanz.

Und die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen hat sich in letzter Zeit mehrfach   in  Musterprozessen durch die Sozialgerichte ihre Auffassung bestätigen lassen, dass eine persönliche Ermächtigung für einen Klinik-Arzt sich eben nur auf „persönlich“ erbrachte Leistungen erstreckt.

Im Klartext: Ein Chefarzt mit persönlicher Ermächtigung darf Sprechstunden abhalten. Er ist aber nicht berechtigt, Diagnose und Behandlung seiner Patienten auf einen Oberarzt und erst recht nicht auf einen Assistenzarzt zu delegieren. So gerät das Krankenhaus letztlich in die Kosten-Klemme.

In einem ähnlich gelagerten Fall hat die Kassenärztliche Vereinigung vom Chefarzt einer anderen Osnabrücker Klinik auf Beschluss des Landessozialgerichts „unberechtigt“ kassierte Honorare in Höhe von 200000 Euro eingefordert.

Der weiter gehende Antrag auf Einrichtung einer Instituts-Ambulanz sei jedoch von der Kassenärztlichen Vereinigung abgelehnt worden, berichtete Cording denn auch: „Es gab keine Begründung, aber letztlich geht es dabei um den Honorartopf.“ Der      Intensivmediziner nannte diese Haltung unverständlich und ethisch fragwürdig: „Schmerz beeinträchtigt die Menschenwürde.“

Schweren Herzens habe sich die Leitung des Marienhospitals („das Haus hat die Schmerzambulanz   unterstützt und gemeinsam aufgebaut“, so Cording) deshalb entschlossen, die Arbeit der Schmerzambulanz  schrittweise zu reduzieren. Neue Patienten müssten jetzt wieder ausschließlich von den niedergelassenen Kollegen betreut werden. Auch wenn das Marienhospital sich dem Gedanken der Caritas verpflichtet fühle, könnten Verluste in dieser Höhe auch mit einer betriebswirtschaftlichen Mischkalkulation nicht aufgefangen werden.

NOZ vom 01. August 2005

Kommentar zu dem vorstehenden Artikel

Streit um Kassenarzt-Honorare – Die Patienten leiden

Von Frank Henrichvark
„Persönliche Leistungen müssen auch persönlich erbracht werden.“ Diesem ehernen Leitsatz des kassenärztlichen Abrechnungswesens wird niemand widersprechen wollen. Schon gar nicht, wenn dahinter die Autorität eines Landessozialgerichts steht.

Pikant ist allerdings dass die Ärzteschaft, die seit Jahrzehnten mit dem ebenso pauschalen wie ungerechtfertigten Vorwurf der Beutelschneiderei und Honorarmanipulation per Krankenschein zu kämpfen hat, dieses stumpfe Instrument nunmehr gegen sich selbst wendet: Kassenärzte hier und Krankenhausärzte da streiten sich um den immer kleiner werdenden Honorartopf für „persönlich“ erbrachte Leistungen.

Paradox daran: All das geschieht, obwohl eine Ausdehnung der ambulanten Behandlung unter dem Dach der Krankenhäuser gesundheitspolitisch gerade gewollt ist.

Die Leid Tragenden im wahrsten Sinne des Wortes sind dabei die Patienten. Sie stehen nämlich, wenn das Beispiel Schule macht, vor den verschlossenen Türen einer Krankenhausambulanz oder vor einem hoffnungslos überfüllten Wartezimmer des niedergelassenen Arztes.

Die viel beschworene und zitierte „Selbstverwaltung“ des Kassenarztwesens wird darüber allerdings unglaubwürdig.