(Wittlager Kreisblatt 30.03.2010)
nw Altkreis Wittlage.
„Von Fachärzten wurden mir mehrfach Operationen und künstliche Gelenke empfohlen“, blickt Hermann Hegmann auf die Schmerzen in seinen Knien und seiner Hüfte zurück, die ihn annähernd 20 Jahre plagten. Aber seit zwei Jahren ist der Bueraner fast schmerzfrei. Die „deutliche Linderung“ führt er auf die heilende Wirkung von Blutegeln zurück.
Keine Schmerzen mehr hat Hermann Hegmann seit Beginn seiner Blutegel-Therapie vor zwei Jahren. Fotos: Norbert Wiegand
Hegmann ist keineswegs der einzige Blutegel-Freund in der heimischen Region, die glitschigen Sauger werden immer häufiger von Heilpraktikern zu medizinischen Zwecken eingesetzt.
Diesen Trend bestätigte Heilpraktikerin Esther Noel. Seit 13 Jahren hat sie praktische Erfahrungen mit dem Hirudo medicinalis gesammelt, aber so viele Therapien wie heute machte sie niemals zuvor. In ihren Praxen in Hagen a.T.W. und Schledehausen werden inzwischen täglich bis zu vier Blutegel-Therapien durchgeführt, ein großer Teil ihrer Patienten kommt aus dem Altkreis Wittlage.
Oft ist es Arthrose, die mit den Saugern behandelt wird. Aber ebenso sind Hämorrhoiden, Rheuma, Gicht, Rückenschmerzen, Abszesse, Furunkel oder Thrombosen der Grund für den Blutegel-Einsatz.
„Blutegel verbessern die Durchblutung, heilen Entzündungen, verringern Schmerzen, verdünnen das Blut und verhindern Thrombenbildung“, betont die Schledehausenerin.
Das Blutegel-Speichelsekret Histamin erweitere die Blutgefäße, der Hauptwirkstoff Hirudin dringe in tiefer liegende Gewebeschichten. Noel: „Alle Körpersäfte fließen leichter und schneller. Dadurch werden Flüssigkeitsansammlungen im Körper aufgelöst, sie drücken dann nicht mehr auf die Nervenenden. So kommt es sofort zur Schmerzlinderung. Entzündungsherde werden durch die dem Blutegel eigenen Bazillen abgebaut, der starke antibiotische Eigenschaften besitzt und andere Bakterien abtötet.
Diese theoretischen Erklärungen bestätigt Patient Hermann Hegmann aus seinen eigenen Erfahrungen. Der Egel-Einsatz in dreimonatigen Abständen beschert ihm ein vorher ungekanntes schmerzfreies Leben. Die etwa drei Zentimeter kleinen Blutegel aus einer Zuchtanlage im hessischen Gießen saugen sich mit ihren Saugnäpfen auf seinen schmerzenden Stellen am Knie und an der Hüfte fest. Nach 20 bis 90 Minuten haben die hungrigen Glitscher eine Länge von 10 bis 15 Zentimetern erreicht und sind satt. Der Verdauungsprozess bei wilden Blutegeln in natürlichen Gewässern dauert etwa drei Jahre.
„Unsere medizinischen Egel müssen wegen der Infektionsgefahr laut Arzneimittelgesetz nach der Therapie eingefroren werden“, wollte die Heilpraktikerin auf das weitere Schicksal der Zuchttierchen nicht konkreter eingehen. Deshalb muss sie für neue Patienten immer wieder frische, hungrige Blutegel bestellen, rund 40 pro Woche.